Das Bild einer Frau die sich mit geschwungener Bewegung ein Paar transparenter Kniestrümpfe anzieht kann auf einer Plakatwand beinahe als Werbung gelesen werden. Auf den zweiten Blick wird jedoch ein irritierendes Detail ersichtlich. Die Strümpfe sind mit den Schamhaaren der Trägerin bestickt.
Scham ist, wie der Name schon sagt, nur eines der Gefühle das Menschen unserer Gesellschaft mit ihrer Körperbehaarung in Verbindung bringen können. Die Irritation deutet auf die gewohnte Leseweise weiblicher und männlicher Körperbilder hin, die stark von Printmedien und digitalen Medien geprägt sind.
“Die Fotografie arbeitet mit vielschichtigen Wendungen und Kontrastierungen. Der Dynamik der Skaterin steht, auf dem Bild der Plakatwand, die tänzerische Bewegung gegenüber, die einen transparenten Strumpf über den Unterschenkel streift. Das glattrasierte Bein entspricht dem normierten Körperbild der ‚westlichen‘ Moderne, die das fragile, behaarte Textilobjekt unterläuft. Aktuelle Körperpolitiken, die Schamhaar verdecken oder entfernen, werden hier ironisch konterkariert, indem genau dieses Haar versetzt und provokativ ausgestellt wird. Der Tabubruch erzeugt ambivalente Gefühle von Befreiung, Abscheu und Attraktion.”
Susanne Wernsing
Melanie Moser
September 28, 2020
Fotografie, Textilkunst